Letzte Aktualisierung: 2006

Beinahe-GAU

im AKW Forsmark, Schweden

Nach einer Woche Geheimhaltung kursierten zunächst widersprüchliche Angabe zum Unfall vom 25.7.2006. War nur durch das eigenmächtige schnelle Handeln eines Mitarbeiters ein Super-GAU verhindert worden? Laut ehemaligem Krafmerkskonstrukteur Högelund hätten bis zur Katastrophe gerade mal sieben Minuten gefehlt.

Nach Inzwischen steht fest: Ausgelöst wurde alles durch einen Kurzschluss bei Wartungsarbeiten am Stromnetz außerhalb des AKW. Dass AKWs nach Kurzschlüssen und Stromausfällen heruntergefahren werden, ist eigentlich ein Routinevorgang. Katastrophal war beim AKW Forsmark, dass die Spannungsschwankungen auch gleichzeitig die Steuerung von zwei der vier Notstromgeneratoren zerstörten. Gerade für diese Situation sind die Notstromgeneratoren aber eigentlich konzipiert worden, sie sollten die Kühlung des abgeschalteten Reaktorkerns gewährleisten. Hätte ein weiterer Generator versagt, wäre es zur Kernschmelze gekommen. Den Technikerlnnen gelang es zwar offenbar, die defekten Generatoren schließlich manuell zu starten, trotzdem offenbaren sich katastrophale Systemfehler:

  1. Mit einem "Schlag" wurde das komplexe Sicherheitssystem aus "mehrfacher Redundanz" und "fehlerverzeihender Technik" komplett ausgehebelt.

  2. Die Ursache war eine triviale Störung im Stromnetz, wie sie bei Beschädigungen der Stromleitungen (z.B. durch vereiste Freileitungen oder Blitzeinschlag) immer wieder weltweit vorkommt.

  3. Schweden liegt weder in der Ukraine, noch gilt die Technik als veraltet. Die defekten Notstromaggregate stammen von der Siemenstochter AEG und werden auch in deutschen Kernkrafmerken eingesetzt.

  4. Der Fehler ist seit langem bekannt: Eine ähnliche Fehlfunktion baugleicher Aggregate hat es schon 1993 im AKW Philippsburg bei Karlsruhe gegeben[1]. Vattenfall, der Betreiber des schwedischen AKWs, war damals darüber informiert worden ohne zu reagieren[2]. Wieder einmal ging Profitmaximierung vor Leben und Gesundheit von Menschen.

  5. Vertuschung und Abwiegelung funktioniert auch in Westeuropa: Erst eine Woche nach der Panne, als deutsche Ministerien längst unterrichtet waren, gelangten die ersten lnformationen durch einen ehemaligen Mitarbeiter des Krafmerks an die Öffentlichkeit.

    Aber noch bevor die Untersuchungen über die Ursache der Beinahe-Katastrophe und die vemendete Technik abgeschlossen waren, wussten die deutschen AKW-Betreiber und Landesministerien, dass in Deutschland so etwas (was auch immer) nicht passieren könne. Die Sicherheitsberichte, die der Papiertiger und Bundesumweltminister Sigmar Gabriel von den Landesministerien öffentlichkeitswirksam einforderte, waren das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt wurden.

Eine dermaßen fehleranfällige Technik mit möglicherweise katastrophalen Folgen ist nicht zu veranmorten! Nicht von Konzernen, nicht von Regierungen, nicht von Stromkonsumentlnnen! Es gibt keine sicheren Atomreaktoren, es gibt keine auf viele Jahrtausende sicheren "Endlager", es gibt keine Garantien für nachfolgende Generationen. Die einzige Schlussfolgerung kann nur sein:

Sofortiger Ausstieg aus der Kernenergie und Umstieg auf erneuerbare Energien!

[1] taz vom 4.8.2006
[2] Spiegel Online

Widerstandsmöglichkeiten gibts bei: campact